Ich benutze so bald wie möglich die mir von Ihnen gegebene Erlaubnis, Ihnen zu schreiben, ohne Umstände, wie Sie es gewünscht haben, meine reizende Freundin. Verzeihen Sie mir den letzten Ausdruck, aber er kommt von Herzen, denn nichts ist wahrer. Ich weiß nicht, ob ich Ihnen alles wiederholen soll, was ich Ihnen mündlich in der kurzen Zeit sagte, als ich wagte, mit Ihnen über das zu sprechen, was mir augenblicklich das Liebste auf der Welt ist. Ich fühle mich als der glücklichste Sterbliche auf der Erde, da ich Ihre Gefühle mir gegenüber kenne, und mir einzureden wage, daß ich Ihnen nicht gleichgültig bin! Ihre Abwesenheit erscheint mir unerträglich, ich langweile mich überall, und wie ich es Ihnen vorgestern sagte, wird die Devise auf Ihrem Fächer von Tag zu Tag bedeutungsvoller. Ach, ich glaube, dieser so erwünschte Augenblick ist noch recht fern und ich werde noch viele Tage und Monate hinbringen, ohne meine geliebteste Freundin zu sehen und zu haben. Ich glaube Sie versichern zu können, daß durch unsere Trennung meine Liebe zu Ihnen, weit entfernt sich zu verringern, nur noch stärker wird, und daß der Augenblick, wo Sie meine Gattin sind, der glücklichste meines Lebens sein wird. Wenn dieser Zeitpunkt nur nicht über den nächsten Winter hinausgeschoben wird, denn es würde mir völlig unmöglich sein, länger zu warten…
Wenn ich allein bin, beschäftige ich mich mit den vergangenen Tagen, unserer ersten Begegnung in Frankfurt, unsern Bällen, dem Weißen Schwan, den glücklichen und zufriedenen Augenblicken, die ich dort verbrachte und mit allem, was Sie betrifft, meine liebe Prinzessin – es wäre zu vertraulich gewesen, Sie so zu nennen, nicht wahr? Wie man zugeben muß, bin ich ein Mann von Welt, der seine Fehler ausgezeichnet wieder gut zu machen weiß. Haben Sie schon jetzt an Ihr Portrait gedacht? Wenn es nur ähnlich wird und keine Karikatur Ihres reizenden kleinen Gesichtes. Richten Sie es so ein, daß ich nicht zu lange darauf warten muß. – Ist Ihr Vater noch nicht angekommen und hat er noch gar keine Mitteilung geschickt? Ich erwarte Sie mit größter Ungeduld, weil ich hoffe, daß die Verlobung dann bald stattfinden kann; es wäre immerhin ein weiterer Abschluß und eine neue Gelegenheit, Sie zu sehen und Ihnen mündlich zu wiederholen, daß nichts mich tröstet als Sie und daß ich bis zum letzten Augenblick meines Lebens mit den Gefühlen vollkommener Liebe und Zärtlichkeit –
Ihr ganz ergebener Diener und Freund bleiben werde.
Friedrich Wilhelm
Ein Wort der Erwiderung würde mich für einige Augenblicke über den Schmerz trösten, von Ihnen vielleicht lange getrennt zu sein.
Friedrich Wilhelm III. von Preußen an Luise | Wiesbaden, den 26. März 1793