Du berichtest mir, dass Du mich wegen einer vornehmen Person, einer großen Dame, mit der Du leben willst, verlassen wirst. Es dünkt mich, deine Eitelkeit tue sich was zugute, mich diese Neuigkeit wissen zu lassen. Ich weiß nicht, ob es der Hang Deines Herzens ist, aber ich zweifle daran, ich weiß, dass die Liebe keinen solchen Unterschied kennt, dass sie alle Frauen in zwei Klassen einteilt, die schönen und die hässlichen. Ich weiß auch, dass ein junges Mädchen von sechzehn Jahren immer mehr wert war und immer mehr wert sein wird als eine dicke Vettel von vierzig Jahren, wenn sie auch aus bourbonischem Geblüt abstammte. Überlege es, ich gebe Dir vierundzwanzig Stunden Bedenkzeit, und sei versichert, dass Du nicht zweimal das gleiche Ding finden wirst. Glaube ja nicht dass ich etwa verlegen sei. Ich habe einen anderen Liebhaber, der Dich an Ansehen übertrifft und jünger und frischer ist als Du; er ist so schön wie Adonis. Pfui! Wirst Du sagen, wenn ich Dir anzeige, dass es mein Perückenmacher ist. Aber große Seelen, die sich rühmen, dass sie zu leben wissen, geben öfters ihren Lakaien vor ihren Ehegatten den Vorzug. Frage Deine Geliebte; würdest Du wohl, hätte sie auf den Rang gesehen, in Ihrem Bett sein? Dieser will mich heiraten, allein ich mag nicht, denn ich könnte in Versuchung geraten, ihn am nächsten Morgen zum Hahnrei zu machen. Nun ist er´s auch zufrieden, mir alles anzuschaffen, alles, was er aufbringt, mit mir durchzubringen und wir werden noch etwas weiter hinaus sehen. Solange wir uns lieben, wird die Sache gut gehen. Leb wohl. Und überlege es Dir; ich habe jetzt eine Schwäche für Dich, sie dürfte bald vorüber sein und vergebens würdest Du sie dann wieder haben wollen, wenn Du deines vornehmen Frauenzimmers müde sein wirst. Der Perückenmacher wird Dich ausgestochen haben, Du wirst rasen, und ich werde Dich auslachen. Ich bin Deine Dienerin
Marie Jeanne Vaubernier an Duval | 1761