Aus deinem Brief muss ich den Schluss machen, dass du gegenwärtig wieder voll Ungeduld bist, mein Gott, was will, was soll denn noch aus uns werden, zwar sind wir Menschen, und ich kann dir´s nicht verdenken, wenn du oft mutlos bist, aber sage mir, was nützt es, wenn wir uns vollends zu Tode quälen, häufen wir nicht unsere Leiden noch mehr dadurch und versündigen uns an Gott und uns selbst; ich bitte dich deswegen um Gottes Willen, fasse Mut und sei noch ein wenig geduldig, Gott wird und muss uns endlich helfen. Auch bitte ich dich, verschone mich doch mit so bitteren Vorwürfen. Du weißt ja, dass ich´s nicht ertragen kann, sie sind mir ärger als der Tod. Niemand kann mehr darunter leiden, dass wir so getrennt leben müssen, als ich. Aber sage mir, wie kann oder soll ich es ändern, ich will dir gerne folgen; übrigens hast du Recht, dass mein Herz geteilt ist und dass ich suche, meine Pflichten sowohl gegen dich als auch gegen unsere Kinder zu erfüllen, und dies kann ich nicht lassen, solange ein Odem in mir ist. Ich dichte, bete und sorge mich fast zu Tod´, wie ich immer alles zu eurem Besten einrichten soll, aber was mir unmöglich ist, kann ich nicht ändern …
Ich bin ewig
deine getreue Schubartin.
Helene Schubart an ihren Mann Christian Friedrich Daniel Schubart | Stuttgart, 27. Januar 1787